
Mai 2025
Aus Emissionen werden Aktiva
Ein Leitfaden zur Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung soll Investoren helfen, die Rolle des Kohlenstoffmanagements bei der Erreichung von Dekarbonisierungszielen zu entmystifizieren.
2. Quartal 2025
Es wird immer klarer, dass Sektoren mit einem technisch bedingt hohen CO2-Ausstoß ihre mittel- bis langfristigen Dekarbonisierungsziele kaum ohne Emissionsmanagement erreichen können. Anleger müssen daher wissen, welche neuen Technologien sich dafür eignen und was das für die künftige Sektorentwicklung bedeutet. Wir wollen darüber aufklären, was CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung (Carbon Capture, Utilization and Storage, kurz CCUS) ausmacht. Dazu nutzen wir Erkenntnisse aus unseren Analysen.
CCUS steht für Technologien, die den Eintritt von CO2-Emissionen in die Atmosphäre verhindern (Abscheidung) bzw. ihr CO2 entziehen (Entnahme) und stark komprimiertes CO2 tief unter der Erde speichern.
Im Grunde steht CCUS für zwei Ansätze für Entnahme und Sequestrierung (Aufnahme) von CO2-Emissionen:
Zwar fangen CCUS-Projekte zurzeit nur einen kleinen Anteil der weltweiten Emissionen ein, doch können sie dem Energie- und dem Investitionsgütersektor künftig wesentlich bei der Emissions-senkung helfen. Manche Sektoren haben kaum eine andere Wahl, wenn sie die Netto-Null erreichen wollen. Aktuelle Kampagnen wie „Gigatonne by 2030“ – also das Ziel, bis 2030 jedes Jahr eine Gigatonne (eine Milliarde Tonnen) CO2 abzuscheiden – zeigen, wie wichtig umfassende CO2-Manage-mentlösungen für den Energiesektor sind.
Um Sektorentwicklungen, Alphachancen und Risiken zu verstehen, wollen wir:
Mitglieder unseres Investmentteams haben Analysen erstellt, mit Emittenten gesprochen und sich sektorübergreifend über die wachsende Bedeutung von CCUS für die Dekarbonisierung weltweit ausgetauscht. Ihre Erkenntnisse sollen unsere Investmentprozesse verbessern. Wir wollen aussichtsreiche Unternehmen in diesem noch neuen Bereich finden.
Marktentwicklungen, staatliche Anreize, technischer Fortschritt und der Bedarf von Unternehmen aus emissionsintensiven Sektoren lassen die Nachfrage nach CCUS-Technologien steigen und verbessern ihre Wirtschaftlichkeit.
Land/Region | Gesetz/Initiative | Jahr | Einzelheiten |
USA | Bipartisan Infrastructure Law (BIL) | 2021 | Finanzierung von CO2-Managementprojekten und Infrastruktur |
Inflation Reduction Act (IRA) | 2021 | Höhere Steuergutschriften (45Q) für CO2-Abscheidungsprojekte und ihren großflächigen Einsatz | |
EU | EU-Innovationsfonds | 2020 | Finanzierung großer CCUS- und Energiewendeprojekte in EU-Ländern |
„Fit für 55“-Paket | 2021 | Unter anderem CO2-Bepreisung und Anreize für die Nutzung von CCUS | |
Netto-Null-Industrie-Gesetz | 2024 | Jährliche EU-weite CO2-Speicherungsziele; angestrebter Aufbau eines Marktes für CO2-Speicherung | |
Großbritannien | North Sea Transition Deal | 2021 | Investitionshilfen und aufsichtsrechtliche Unterstützung für Offshore-CO2-Speicherung und Wasserstofferzeugung |
Kanada | CCUS Investment Tax Credit | 2022 | Steueranreize für CO2-Abscheidungs-technologien in der Industrie und im Energiesektor |
Norwegen | Longship Project | 2020 | Umfassende staatlich geförderte CCUS-Initiative für die Industrie |
China | Aufnahme der CCUS-Entwicklung in den 14. Fünfjahresplan | 2021–2025 | Ziele und Finanzmittel für CCUS-Pilot- und -Testprojekte |
Die Tabelle zeigt eine (nicht vollständige) Liste weltweiter staatlicher Maßnahmen zur Förderung und zum Ausbau von CCUS-Projekten. Stand 1. März 2025.
All das sind Anreize für Unternehmen, CCUS zu nutzen – und kosteneffizientere, skalierbare CCUS- Technologien zu entwickeln, die die Energiewende weiter voranbringen. Finanzielle Anreize für emissionsärmere Produkte könnten auch die Lieferketten verändern, durch Wettbewerbsvorteile für Unternehmen mit geringeren Emissionen oder Länder, in denen viele Firmen CCUS anwenden. Je mehr CCUS zum Mainstream wird, desto größer wird der Vorteil von Regionen mit guten unter-irdischen Einlagerungsmöglichkeiten für CO2 – seien es ausgebeutete Öl- und Gasfelder, Salinen, Basaltformationen oder aufgelassene Bergwerke. Vorteile haben etwa Nordamerika (Öl- und Gasfelder), Europa (Nordsee), Australien und Saudi-Arabien.
Energieförderer, die ihren Kunden CCUS anbieten, können zusätzliche Umsätze erzielen. Elektrizitäts-versorgern kann CCUS helfen, die wachsende Nachfrage nach emissionsarmer Energie zu befriedigen. Die neue Technologie kann aber auch höhere Kosten zur Folge haben.
Fallstudie: Exxon und DenburyGroße Energieunternehmen rechnen damit, dass CCUS in Zukunft rentabel sein wird. Das zeigt sich etwa an der Übernahme des amerikanischen CCUS-Unternehmens Denbury Inc. durch Exxon für 4,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023. Denbury hat nach eigener Aussage das größte Pipelinenetzwerk im amerikanischen Südosten und war einer der größten und etabliertesten CCUS-Anbieter des Landes. Für die Übernahme sprach unter anderem Folgendes:
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Die Denbury-Übernahme galt als kosteneffiziente Alternative zum Bau ganz neuer Pipelines und Infrastruktur. Die Übernahme verhindert Verzögerungen durch Genehmigungsverfahren und ermöglicht die sofortige CO2-Abscheidung und -Speicherung industrieller CO2-Emissionen in großem Umfang. Dadurch hat Exxon einen entscheidenden Vorsprung am Markt. Exxon positioniert sich als verlässlicher und kostengünstiger Anbieter von CCUS-Lösungen aus einer Hand. Außerdem ermöglicht das Unternehmen die Erzeugung von CO2-ärmeren Rohstoffen wie blauem Wasserstoff (bei dessen Herstellung CO2-Abscheidungstechniken eingesetzt werden). Sicherlich sprechen wir hier über eine Langfristinvestition für Exxon. Sie deutet aber darauf hin, dass der Energiesektor CCUS für künftig rentabel hält und der Technologie viel Wachstum zutraut.
CCUS ist für die Energiewende äußerst vielversprechend, aber von echter Kosteneffizienz noch weit entfernt. Vielleicht droht in den nächsten Jahren Gegenwind. Der Wettbewerb durch andere saubere Energietechnologien und schwankende CO2-Preise könnte die Nachfrage nach CCUS auf Dauer beeinflussen. Auch könnte die staatliche Unterstützung nachlassen. Noch ist unklar, ob CCUS ohne Subventionen wirtschaftlich ist; schließlich sind die Umsetzungskosten sehr hoch.
Manchmal wird CCUS als der Königsweg zur Netto-Null beschrieben. Investoren und Emittenten müssen sich mit der neuen Technologie auseinandersetzen und dabei ihren Schwerpunkt auf Initiativen legen, die die Emissionen begrenzen. Allerdings dürften wir uns auch nicht zu stark auf CCUS verlassen – und müssen sicherstellen, dass die Innovationen ausreichende Langfristerträge erwirtschaften.
Trotz dieser Risiken scheint CCUS für Emittenten und Investoren gleichermaßen vielversprechend. Das Wachstumspotenzial ist hoch, die Technologie eignet sich für einige der emissionsintensivsten Branchen, wichtige Unternehmen setzen sie frühzeitig ein, und es mangelt nicht an staatlicher Unterstützung.
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