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Nachhaltiges Anleihenmanagement ist komplex, aber möglich

Wir zeigen, wie sich im Anleihenmanagement wichtige Nachhaltigkeitssignale von Noise unterscheiden lassen.

Anleihen haben ein asymmetrisches Ertragsprofil, mit begrenztem Kurspotenzial und dem Risiko, bei einem Zahlungsausfall alles zu verlieren. Umso wichtiger ist die langfristige Stabilität der Emittenten. Unternehmensführung und Governance waren daher schon immer wichtige Themen für die Anleihenanalyse.

In letzter Zeit kam aber noch etwas hinzu: Weil heute wesentlich bessere Daten vorliegen, analysieren wir jetzt auch ökologische und soziale Aspekte. Letztlich müssen Anleiheninvestoren zwischen Wichtigem und Unwichtigem unterscheiden. Sie müssen erkennen, ob ein Emittent seine Schulden bedienen kann – um dann zu entscheiden, wie lange sie ihm ihr Geld leihen und ob sie überhaupt in seine Anleihen investieren sollen. Die Berücksichtigung nicht finanzieller Faktoren macht die Anleihenanalyse komplexer. Strengere Regulierung und soziale Verantwortung schaffen aber einen großen Anreiz, sich davon nicht abschrecken zu lassen. 

Zuhören und Zusammenarbeit helfen

Um die Komplexität zu bewältigen und zu erkennen, was wirklich wichtig ist, muss man dem Management eines Unternehmens die richtigen Fragen stellen. Anleiheninvestoren haben dazu oft nur wenig Gelegenheit. Nachhaltigkeitsanalysen haben viel mit Zuhören und der Umsetzung der Erkenntnisse im Portfolio zu tun. Man sollte wissen, wie ein Emittent mit bestimmten Dingen umgegangen ist – und muss deshalb kluge Fragen stellen.

Nachhaltigkeitsanalysen von Anleihen in der Praxis 

Das folgende Beispiel zeigt, wie MFS® vorgeht, um wichtige Details zu verstehen, Nachhaltigkeitsfaktoren bei Anlageentscheidungen zu berücksichtigen und Einfluss auf Emittenten zu nehmen.  

Rechtzeitig auf Veränderungen vorbereitet sein

Der europäische Rüstungssektor hat darunter gelitten, dass er mit Problemsektoren wie Glücksspiel und Tabak in einen Topf geworfen wurde, die generell als schädlich und wenig sozialverträglich gelten. Meist waren diese Bedenken berechtigt, da Waffenhersteller auch zu Diktatoren und Rebellen enge Kontakte pflegen, sie beliefern und überholte, umweltschädliche Technologien nutzen. Hinzu kommen eine schwache Governance und die allgegenwärtige Bestechung und Korruption. Es war daher zu erwarten, dass viele europäische Investmentmanager und Finanzinstitute den Sektor „Luftfahrt und Verteidigung“ ausschließen würden. 

Nach der European SRI Study 20181 schlossen 63,6% der Investoren in der Europäischen Union „umstrittene Waffen“ und 45,7% „alle Waffen“ aus. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine ist aber ein Umdenken zu beobachten. Die Ablehnung des Rüstungssektors scheint nachzulassen, und viele Länder wollen bis 2030 zu einer Neueinschätzung kommen. Da viele Länder, besonders in Europa, ihre Rüstungs- und Verteidigungsbudgets aufstocken, überdenken manche Investoren den Ausschluss des Sektors. 

Zudem werden Luftfahrt und Verteidigung immer wichtiger, um Menschen zu schützen und Wohlstand zu fördern. In vielen Ländern gibt es langfristige Projekte, die auch das Wirtschaftswachstum fördern. Soziale Aspekte der Nachhaltigkeit werden ebenfalls immer relevanter. Zuletzt wurden europäische Rüstungskonzerne mit der Förderung des UN-Nachhaltigkeitsziels „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“ in Verbindung gebracht. Sie tragen zur Verteidigung liberaler und demokratischer Werte bei und sind ein wichtiger Abschreckungsfaktor, um Frieden und Stabilität zu wahren. Falls die strategische Neuausrichtung staatlicher Verteidigungsausgaben überhaupt gelingt, wird sie aber viele Jahre (wenn nicht Jahrzehnte) dauern. 

Für Anleiheninvestoren, die auf finanzielle Relevanz achten, kann Nachhaltigkeit allein kein Indikator für die Aufnahme ins Portfolio sein – und die Aufnahme in EU-Sozialtaxonomie ist kein Grund, moralische Bedenken zu ignorieren. Deshalb wird bei der Anleihenbewertung das Risiko-Ertrags-Profil auch künftig von einer Einzelfallanalyse der Emittenten abhängen.

Wie stetiges Engagement die Investmentthese für einen europäischen Elektronikkonzern verändert

Anfang April verstärkte Russland seine Angriffe auf die Ukraine. Einer unserer Analysten prüfte daher unsere Anleihenempfehlungen für einen europäischen Hersteller elektronischer Systeme für den Rüstungssektor. Zugleich formulierte er ein differenziertes längerfristiges ESG-Konzept für den Sektor. Das Unternehmen hat sich um eine bessere Corporate Governance bemüht, da schon lange Bedenken wegen der Berufung von Boardmitgliedern sowie quantitativer und langfristiger Ziele bestanden. Die Anleihen des Unternehmens entwickelten sich angesichts des Krieges 2022 gut. Es wurden Schulden abgebaut (durch Verkäufe), und am Ende wurde das Rating hochgestuft.

Das Unternehmen hat wichtige Meilensteine erreicht und neue Führungskräfte ernannt, darunter einen neuen Chief Sustainability Officer und zwei neue Boardmitglieder für Unternehmensentwicklung und soziale Verantwortung. Außerdem wurden neue Maßnahmen zur Vermeidung von Korruption umgesetzt. Wir meinen, dass die Geschäftsleitung gegen Governancemängel vorgehen und für eine klarere Strategie sorgen wird. Das wird Entscheidungsprozesse verbessern. Daher haben wir aus Nachhaltigkeitssicht keine Bedenken mehr und trauen dem Unternehmen mittel- bis langfristig eine gute Entwicklung zu. Impulse liefern das neue Umfeld für Rüstungsunternehmen und das bessere Nachhaltigkeitsprofil.

Mehr über die Nachhaltigkeitspraxis bei MFS erfahren Sie unter mfs.com/sustainability. Oder fragen Sie Ihren Ansprechpartner bei MFS

 

1 Eurosif, European SRI Study 2018, S. 23.

MFS kann ökologische, soziale und governancebezogene Faktoren (ESG-Faktoren) in seine fundamentale Investmentanalyse und seine Engagementaktivitäten einbinden. Die aufgeführten Beispiele veranschaulichen, wie MFS in der Vergangenheit ESG-Faktoren bei der Analyse oder Zusammenarbeit mit bestimmten Emittenten berücksichtigt hat. Sie sollen jedoch nicht implizieren, dass positive Anlage- oder Engagementergebnisse in allen Situationen oder in irgendeiner Situation garantiert sind. Engagements setzen sich in der Regel aus mehreren Gesprächen zusammen, die fortlaufend und oft langwierig sind und nicht zwangsläufig zu Änderungen der ESG-Praktiken eines Emittenten führen. Die Ergebnisse der Emittenten basieren auf vielen Faktoren, und positive Anlage- oder Engagementergebnisse, einschließlich der oben beschriebenen, stehen möglicherweise nicht im Zusammenhang mit Analysen oder Aktivitäten von MFS. In welchem Maße MFS ESG-Faktoren in Investmentanalyse und Engagementaktivitäten einbezieht, kann je nach Strategie, Produkt und Assetklasse sowie auch im Zeitablauf variieren. Daher sind die oben genannten Beispiele möglicherweise nicht repräsentativ für ESG-Faktoren, die beim Management des Portfolios eines Anlegers verwendet werden. Die oben genannten Informationen sowie Erwähnungen einzelner Unternehmen und/oder Wertpapiere sollten nicht als Anlageberatung, Kauf- oder Verkaufsempfehlung oder als Hinweis darauf verstanden werden, dass für irgendein Anlageprodukt von MFS irgendeine Transaktion geplant ist

Die hier dargestellten Meinungen sind die des Autors/der Autoren und können sich jederzeit ändern. Sie dienen ausschließlich Informationszwecken und dürfen nicht als Empfehlung, Aufforderung oder als Anlageberatung verstanden werden. Prognosen sind keine Garantien. Die Wertentwicklung der Vergangenheit ist keine Garantie für künftige Erträge.

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